Lärm macht nichts gutes, Gutes macht keinen Lärm

Foto: depositphotos.com/Syda_Productions

Akustik im Büro

Das Telefon am Nachbarschreibtisch klingelt, der hörgeschädigte Kollege gegenüber dreht den Lautstärkeregler seines Radiogerätes drei Stufen nach oben und imitiert die Melodie des laufenden Liedes in schrägen Pfeiftönen. Monotones Tastaturgeklapper im ganzen Raum und das nicht enden wollende Summen des Druckers, der seine besten Tage längst hinter sich hat. Das Geknarze des defekten Bürodrehstuhls, auf welchem ein nervöser Kollege schaukelt, paart sich mit dem Stimmengewirr aus dem angrenzenden Callcenter und als wäre das alles nicht genug wird zwei Tische weiter lautstark getackert, als gelte es Akkordarbeit zu verrichten. Aus dem konzentrierten Arbeiten am Schreibtisch wird nach und nach ein Migräneanfall und in das wichtige Projekt schleichen sich immer gröbere Schnitzer ein…

Eine derart negative Auswirkung von Schall ist gottseidank nicht immer gegeben. Musik, ein angenehmes Gespräch, das Plätschern eines Wasserfalls oder sanftes Meeresrauschen werden von uns zumeist als positive Akustikerlebnisse wahrgenommen und tragen so zu unserem Wohlbefinden bei. Was aber wenn eine vorherrschende Geräuschkulisse, wie sie eingangs beispielhaft beschrieben wurde, zur Lärmbelästigung wird? Neben lärmbedingten Problemfeldern, wie Konzentrationsminderung, Steigerung der Risikobereitschaft und Beeinträchtigung der Sprachkommunikation ruft permanenter Lärm auch langfristige Probleme hervor. Die häufigsten Langzeitfolgen sind Gehörschädigung, Schlafstörungen sowie psychische Erkrankungen. Am Arbeitsplatz gelten deshalb die Arbeitsstättenrichtlinien (ASR), welche mitunter garantieren sollen, dass der Schalldruckpegel vor Ort so niedrig wie möglich gehalten wird. Jedoch ist es nicht nur die Lautstärke, welche einen negativen Einfluss mit sich bringt. Auch Geräusche unterhalb der jeweiligen Grenzwerte können, bedingt durch einen vorwiegend hohen Frequenzanteil, als „scharf“ und somit störend empfunden werden. Des Weiteren sorgt der Informationsgehalt ungewollt aufgenommener Geräusche für ein hohes Maß an Ablenkung. In Abhängigkeit vom Tätigkeitsfeld variieren die zulässigen Richtlinien. Auf einer Baustelle gelten demnach andere Vorgaben als in einem Büro.

Anzeige

Im Hinblick auf Letzteres ergeben sich für die jeweilige Nutzungsart wiederum variierende Anforderungen. So wird diesbezüglich zwischen Callcentern, Büroräumen und Einzelbüros unterschieden. Auch im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit ergeben sich abweichende Empfehlungen. Abhängig von den Arbeitsinhalten – differenziert wird zwischen überwiegend geistigen Beschäftigungsfeldern, Tätigkeiten mittlerer Komplexität und Routineaufgaben – liegen die zulässigen Höchstwerte des Beurteilungspegels zwischen  55 und 70 db (A) (Dezibel).

Um eine angemessene Raumakustik zu schaffen, müssen verschiedene Aspekte berücksichtigt werden. Einerseits können eine geschickte Organisation der einzelnen Funktionsflächen innerhalb eines Großraumbüros sowie das individuelle Verhalten der Mitarbeiter zu einer verminderten Lärmemission beitragen. Andererseits kann die Akustik innerhalb der Bürofläche durch geeignete technische Maßnahmen verbessert werden. Durch bewusste Eingriffe in die bestehenden Raumstrukturen wird der Nährboden für konzentriertes Arbeiten geschaffen. So können  Akustikdecken, ein richtig eingesetzter Teppichboden, akustisch wirksame Trennwandsysteme, Bilder oder gar besondere Blumenkübel den Schall absorbieren oder blocken und somit sowohl die Nachhallzeit als auch den Geräuschpegel reduzieren. Zudem kann der Einsatz von lärmarmen Arbeitsmitteln oder Schallschutzhauben die Geräuschemission bereits im Vorfeld minimieren.

Eine besonders innovative Variante zur Optimierung der Büroakustik ist das sogenannte „Sound Masking“. Durch das dezente Einspielen informationsneutraler Geräusche wird hierbei die überhöhte Sprachverständlichkeit in einem Open-Space-Büro reduziert und selbst das unmelodische Gepfeife des gegenübersitzenden Kollegen wird gar erträglich.

Festzuhalten bleibt also: In der brennenden Sonne des Lärms sollten akustische Schattenzonen stets eingeplant sein, um das Wohlbefinden der Angestellten zu gewährleisten. Denn schon der römische Philosoph Seneca wusste: „Lärm macht krank!“ Also bleiben Sie gesund…

Der Beitrag wurde verfasst von Sven Dörr, Büro & Design Greb

Quellen:
https://akustikbuero-ol.de/images/akustikbuero-ol/pdf/Laermbekaempfung_04_2018_S.130-133.pdf
https://www.akustik-office-systeme.de/service-tools/akustikwissen.html
Lärm und Sprachverständlichkeit/Wissenschaftliche Studien (BAuA)
Matthias Waehlert (Schulungsmaterial: Quality Office Consultant)
Martin Lauble (Schulungsmaterial: Quality Office Consultant)