Dem Braunkehlchen unter die Flügel greifen

In Theorie und Praxis mehr über den Vogel des Jahres erfahren und dem Braunkehlchen den Lebensraum attraktiver gestalten. Das haben Naturpark-Ranger Daniel Scheffler (braune Jacke) und Manoel Fick von der unteren Naturschutzbehörde (grüne Jacke) gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Freien aktiven Landschule e. V. erarbeitet (Foto: Alexander Haub / Landkreis Rhön-Grabfeld).

Das Braunkehlchen ist nach 36 Jahren erneut zum Vogel des Jahres gewählt worden. Bis vor wenigen Jahrzehnten war der hell bis dunkelbraun gefiederter Singvogel noch in nahezu ganz Europa weit verbreitet.

Heute gilt der Bestand in Deutschland als stark gefährdet, was vor allem durch die Intensivierung der Landwirtschaft begründet ist. Doch Wiesen, die die nötigen Bruteigenschaften besitzen, werden auch in der Rhön immer seltener. Entlang des Grünen Bandes zwischen Rothausen und Irmelshausen fühlt sich das Braunkehlchen und weitere Wiesenbrüter wie die Grauammer oder die Bekassine allerdings noch wohl.

Das liegt unter anderem an engagierten Landwirtinnen und Landwirten wie Sebastian Rimane aus Rothausen, der am bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm teilnimmt und dadurch seine Bewirtschaftung an die vorkommenden Wiesenbrüter angepasst hat. So wird beispielsweise die Wiese weder gedüngt noch mit Pflanzenschutz behandelt; die erste Mahd erfolgt erst nach der Brutzeit; ebenso lässt der Landwirt sogenannte Brachestreifen stehen die ganzjährig nicht bewirtschaftet werden.

Um dem Vogel des Jahres noch ein bisschen mehr unter die Flügel zu greifen haben Naturpark-Ranger Daniel Scheffler und Manoel Fick von der unteren Naturschutzbehörde Rhön-Grabfeld zusammen mit der ersten bis dritten Schulklasse der Freien Aktiven Landschule e.V. aus Hendungen an der „Inneneinrichtung“ des Braunkehlchengebiets gearbeitet. Nach einer kleinen Einführung wurden mit der tatkräftigen Unterstützung der 16 Kinder und 3 Lehrkräften ca. 300 Ansitzwarten auf einer Wiese zwischen Rothausen und Mendhausen gesteckt. Die rund zwei Meter hohen Holzstangen können die Braunkehlchen zukünftig zur Ausschau nach Insektennahrung oder während der Brutzeit zum Gesang nutzen.

Nach einer kleinen Stärkung hielt die Gruppe dann noch mit Ferngläsern und Fernrohr Ausschau, welche Vögel denn schon aus dem Winterquartier zurückgekehrt waren. Das Braunkehlchen als Langstreckenzieher überwintert südlich der Sahara im subtropischen Afrika und kehrt nach einer langen Reise erst Mitte April bis Anfang Mai zurück.

Den Abschluss der Aktion bildete ein Braunkehlchen-Spiel. Hier konnten die Kinder noch einmal selbst erleben, welchen Einfluss ein geeigneter Lebensraum auf das Leben des kleinen Singvogels hat. In Brutpärchen eingeteilt durften die Kinder vom Nest aus auf Futtersuche gehen. Jeweils abwechselnd flog ein Elternteil aus, um Nahrung in Form von sauren Gummiwürmen zu suchen. Einen Unterschied machte dabei die Lage des Nestes. Die Braunkehlchenpaare neben einer Ansitzwarte galten als „reich“, im Sinne eines gut ausgestatteten Lebensraums. Die Paare ohne Ansitzwarte waren ärmer dran, was sich im Spiel über das Handicap „Hüpfen auf einem Bein“ bemerkbar machte. Eine weitere Schwierigkeit bildeten zwei Kinder, die in die Rolle der Prädatoren schlüpften. So machte ein Fuchs und ein Baumfalke Jagd auf die ausschwärmenden Braunkehlchen. Bei der Auswertung der Anzahl der gefundenen sauren Würmer stellten die Kinder fest, dass es die einbeinigen Braunkehlchen viel schwerer hatten genug Nahrung ins Nest zu bringen. An dieser Stelle konnte Ranger Daniel Scheffler die Notwendigkeiten der Schutzmaßnahmen verdeutlichen.