Ausmist-Comedy mit Tauschbörse

Olaf Bossi Endlich Minimalist ©Gero Gröschel

„Endlich Minimalist… aber wohin mit meinen Sachen?!“ oder warum man sich sein Lieblings-Shirt 10x kaufen sollte. Ausmist-Comedy am Donnerstag, den 27.01.2022, in der Stadthalle Haßfurt mit Tauschbörse.

Das Kulturamt Haßfurt lädt am Donnerstag, den 27.01.2022 um 20 Uhr, zur Ausmist-Comedy in die Stadthalle Haßfurt ein. „Haben wir nicht alle im Lockdown irgendwann mal ausgemistet, es versucht oder es uns zumindest ganz fest vorgenommen?“, sinniert Stefanie Schleicher vom Kulturamt Haßfurt. Gut, dass es Olaf Bossi gibt, der von den Höhepunkten, Herausforderungen, Zweifeln und Erkenntnissen auf seinem Minimalismus-Weg erzählt, am Donnerstag die Lachmuskeln seiner Gäste trainieren wird und Ihnen zugleich das Gefühl gibt, nicht alleine zu sein mit dem Chaos der Dinge.

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Herr Bossi, war die erste Begegnung mit dem Thema Minimalismus auch gleich Liebe auf den ersten Blick?

O.B.: Vor rund zwei Jahren habe ich eher zufällig auf Netflix die Dokumentation „Minimalism: A Documentary About the Important Things“ gesehen. Und ehrlich gesagt, habe ich mich dadurch an ein paar Geschichten aus meinem Leben zurückerinnert gefühlt, die plötzlich Sinn gemacht haben. Meine Frau und ich sind von einer Drei-Zimmer-Wohnung in unsere jetzige, größere Wohnung umgezogen. Bei der Schlüsselübergabe mit dem Vermieter musste die Wohnung natürlich besenrein übergeben werden. Ich habe also alle Räume noch einmal durchgefegt und mir diese schöne, leere Wohnung angeschaut. In dem Moment habe ich mir gedacht: „Boah, ist die Wohnung geil, die ist so schön leer, die will ich! Wenn ich sie jetzt noch mit ein paar wenigen Gegenständen einrichte, dann ist sie perfekt“. Dass diese Überlegung letztendlich Minimalismus war, habe ich damals nicht gewusst.

Was ist es, was einen am Minimalismus so fasziniert? Ist es die Übersichtlichkeit? Oder die Freiheit, sich nicht mehr so viel kümmern zu müssen?

O.B.: Definitiv ersteres. Was ich wirklich immer am meisten an unseren Wohnungen gehasst habe, bevor wir angefangen haben, unser Leben auszumisten, war, dass ich im Prinzip die ganze Zeit am Suchen war. Das lief immer gleich ab. Du bist in der Wohnung unterwegs und suchst eine Sache. Dann findest du etwas anderes, was du vor drei Stunden gesucht hast. Das, was du gerade suchst, findest du allerdings nicht, dann kommt noch irgendeine Unterbrechung dazwischen. Danach hast du vergessen, was du eigentlich gerade gesucht hast. Im Prinzip ist das alles unfassbar uneffektiv. Es gibt dabei einfach keinen roten Faden mehr, bei dem, was man tut. Am Ende des Tages hatte ich dann das Gefühl, dass ich die ganze Zeit am Wuseln war und nichts gemacht habe. Mittlerweile ist es durch den Minimalismus etwas anders geworden. Wenn ich jetzt etwas suche, dann finde ich es meistens auch. (lacht)

Wie lange hat es gedauert, bis Sie die neuen Eindrücke umgesetzt haben? War das ein langsamer, aber kontinuierlicher Entwicklungsprozess oder ging das relativ zügig?

O.B.: Ich hatte schon länger das Gefühl, dass ich unbedingt etwas ändern will, aber ich hatte noch nicht den entsprechenden Arschtritt bekommen. Bereits Jahre zuvor habe ich das Buch „Simplify your life“ gelesen. Das hat mich damals schon in die Richtung gelenkt und angetriggert. Allerdings ist das Ganze dann irgendwie wieder im Sand verlaufen. Die Doku war im Prinzip der Arschtritt, der mir gefehlt hat, um tätig zu werden. Meine Frau und ich haben dann festgestellt, dass wir tatsächlich schon das Aufräum-Buch „Magic Cleaning“ von Marie Kondo zu Hause hatten. Ich weiß gar nicht mehr, ob wir es uns irgendwann mal gekauft hatten oder es geschenkt bekommen haben. Wir haben es gewissermaßen beim Aufräumen wiederentdeckt. Damit hat es dann angefangen – und zwar ganz klassisch bei unseren ganzen Klamotten und dem Kleiderschrank.

Marie Kondo ist ja tatsächlich in aller Munde, ich habe es auch versucht, aber sie fängt schon sehr radikal an, oder?

O.B.: Am Anfang haben wir alles falsch gemacht. Das ist wirklich die Tücke. Bei Marie Kondo gibt es den Ratschlag, dass man alles aus dem Schrank räumen soll. Bei den Kleidern ging das noch recht gut, beim Bücherregal gab es dann Probleme. Wir hatten damals ein sehr großes Bücherregal, aus dem wir eigentlich alles herausräumen wollten. Meine Frau besitzt vor allem durch ihre Tätigkeit als Lehrerin eine Sammlung von Büchern. Das sind ihre Schätze. Deshalb hat sie gleich gesagt: „Die brauchen wir erst gar nicht rausräumen. Die kommen ja sowieso wieder an diesen Platz“. Das ist natürlich ein Fehler, den man am Anfang gerne macht. Wenn man denkt, dass man schlauer als die Methode ist, die man anwenden will.

Der magische Moment ist es tatsächlich, das Regal leer zu sehen.

Witzigerweise sind die wichtigen Bücher meiner Frau heutzutage immer noch im Regal, allerdings an einer anderen Stelle und sie sind auch anders einsortiert. Mit solchen Herausforderungen und Tücken ist man am Anfang beim Ausräumen konfrontiert. Das gilt auch für das Bilden von Haufen. Wenn man sich denkt, dass man man drei Haufen erstellt – einen Haufen mit Sachen zum Weggeben, einen mit Dingen zum Behalten und einen Vielleicht-Haufen – und dann plötzlich feststellt, dass der Vielleicht-Haufen viermal so groß ist wie alle anderen Haufen zusammen. Das sind Stolperfallen, denen man immer wieder begegnet.

Das heißt, dass man ohne diese Leere kein Gefühl dafür bekommt, was man behalten möchte und bei welchen Dingen es sich lohnt, sie wieder ins Regal zu stellen?

O.B.: Genau. Bei Joshua Fields Millburn and Ryan Nicodemus, von denen die Minimalismus-Dokumentation stammt, gibt es auch noch den Begriff der so genannten Packing Party. Dabei werden alle Sachen wie bei einem Umzug in Kartons verpackt, beschriftet und in einen anderen Raum oder in den Keller gebracht. Anschließend holt man sich aus den Kartons nur jene Sachen, die man entweder gerade braucht oder die einem wirklich wichtig sind und fehlen. Nach einer gewissen Zeit, die durchaus ein paar Monate dauern kann, lebt man dann relativ minimalistisch. Man gewöhnt sich an die Übersichtlichkeit und an diese Leichtigkeit, nur die wirklich relevanten Dinge zu nutzen. Irgendwann stellt man dann fest, dass 80 Prozent von den Sachen, von denen man ursprünglich dachte, dass man sie unbedingt braucht, immer noch verpackt im Keller sind. Das ist sicherlich ein wichtiges Erlebnis: am Anfang radikal zu sein und dann wirklich nur noch das wieder in sein Leben zurückzuholen, was einem wirklich wichtig ist. In der Hinsicht funktionieren alle Minimalismus-Methoden und Systeme ziemlich ähnlich.

Krass, aber sicher effektiv. Auf welche Bereiche lässt sich das Konzept Minimalismus anwenden? Betrifft das vor allem Gegenstände oder auch inhaltliche Bereiche, wie die Organisation von Arbeitsabläufen oder die Gestaltung des Alltags?

O.B.: Für mich sind es vor allem drei Hauptgebiete, in denen sich der Minimalismus anwenden lässt. Da ist natürlich zuerst einmal der ganze Bereich der Gegenstände und Dinge, also, das, was man heutzutage klassisch unter dem Begriff Minimalismus versteht, nämlich mit möglichst wenigen Dingen zu leben, die einem wichtig sind. Der zweite Bereich ist für mich der digitale Minimalismus und das Dritte sind die Finanzen.

Damit man mehr Ordnung und Übersichtlichkeit in seine Finanzen bringt?

O.B.: Für mich ist es vor allem ein Gefühl der Freiheit. Ich war oft in Lebenssituationen, in denen das Leben stressig und anstrengend war. Oder wie man so schön sagt: Das Geld war immer zu Ende, nur der Monat noch nicht. Damals ist allein schon wahnsinnig viel Geld für Verpflichtungen weggegangen, weil immer irgendetwas auf Kredit gelaufen ist. Und dann merkt man plötzlich, dass man eigentlich gar nicht so frei ist, wie man dachte und dass das Ding, was man sich für viel Geld auf Pump geholt hat, eigentlich gar keine Glücksquelle ist

Was waren auf Ihrer Minimalismus-Entdeckungsreise besondere Aha-Momente?

O.B.: Bei meinem Kleiderschrank ging es mir so. Früher stand ich häufig davor und habe mir gedacht: Was ziehst du an? Irgendwann habe ich dann beim Aussortieren festgestellt, dass ich Lieblingskleidungsstücke habe, die fast nie im Schrank landen. Sie haben einfach nie die Zeit dazu. Entweder weil ich sie gerade anhabe oder weil sie in der Wäsche sind oder weil sie gerade aus der Wäsche zurückkommen und ich sie gleich anziehe. Die Konsequenz war: Ich habe mir jetzt mein Lieblings-T-Shirt einfach zehnmal gekauft. Da spare ich viel Zeit und Nerven, wenn ich morgens aufstehe, es anziehe und sage: „Cool, da fühle ich mich wohl drin“. Das war einer der Aha-Momente, zu sehen, dass etwas funktioniert. Ganz gemein finde ich auch, wenn man etwas von jemandem geschenkt bekommen hat. Wenn es ein Gegenstand ist, den man vielleicht gar nicht braucht und der auch nicht wichtig ist, aber der Mensch, der ihn geschenkt hat, besonders wichtig ist und man diesen Menschen nicht enttäuschen will. Deswegen ist es manchmal auch richtig schwer, auszuräumen, weil es gar nicht so sehr um den Gegenstand geht, sondern um den Menschen dahinter, um die Emotion.

Die Veranstaltung findet unter 2Gplus statt. Weitere Infos unter: 09521 688-300 oder unter info@kulturamt-hassfurt.de > Infos und Tickets

Olaf Bossi hatte in den 90ern übrigens mehrere Chart-Hits als „Das Modul“, er ist erfolgreicher Schlager-Autor u.a. für Maite Kelly, studierter Medienpädagoge und am Donnerstag in der Haßfurter Stadthalle zu Gast. Tickets (18€ VVK) gibt es beim Kulturamt Haßfurt oder unter reservix.de. Wer direkt mit dem Minimalismus anfangen möchte, kann gerne am Donnerstag den Tauschkarton in Anspruch nehmen.