Überzeugte Streiterin für soziale Gerechtigkeit

Hohe Auszeichnung: Landrat Wilhelm Schneider überreichte im Landratsamt Haßberge das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für im Ehrenamt tätige Frauen und Männer an Irmtraut Neubert. Foto: Moni Göhr/Landratsamt Haßberge

Landrat Wilhelm Schneider zeichnet Irmtraut Neubert aus Haßfurt mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für im Ehrenamt tätige Frauen und Männer aus.

Irmtraut Neubert aus Haßfurt ist am Mittwoch für ihr außergewöhnliches soziales Engagement in vielen Bereichen mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für im Ehrenamt tätige Frauen und Männer ausgezeichnet worden. Im Auftrag von Dr. Markus Söder überreichte Landrat Wilhelm Schneider der 84-Jährigen am Mittwoch die höchste Auszeichnung, die in Bayern ehrenamtlich Tätigen verliehen werden kann.

„Es braucht viel Energie und Organisationstalent, um neben der alltäglichen Arbeit im Beruf und in der Familie in weiteren Lebensbereichen so aktiv zu sein“, stellte Landrat Wilhelm Schneider in seiner Laudatio fest. „Es sind Menschen wie Sie, die immer wieder mit Herz und Verstand beweisen, wie wichtig ihnen die Gemeinschaft und der Zusammenhalt unserer Gesellschaft sind. Bürgerinnen und Bürger, die sich ehrenamtlich für andere einsetzen, schaffen ein großes soziales Netzwerk und leisten einen wesentlichen Beitrag für mehr menschliche Wärme und ein besseres Miteinander in unserem Land.“

Anzeige

Getreu ihrem Motto „Man sollte nicht nur für sich leben, sondern auch für andere da sein“ engagierte sich Irmtraut Neubert beispielhaft in verschiedenen sozialen Organisationen und begründete dies mit ihrer christlichen Einstellung und dem Gebot der Nächstenliebe. Schon als Lehrerin am Regiomontanus-Gymnasium Haßfurt habe sie sich weit über das Maß hinaus eingesetzt und neben dem Unterricht die Ämter der Personalrätin und auch als Verbindungslehrerin zwischen Schule und Schüler übernommen. Zu Gute sei ihr hier gekommen, dass sie schon als junge Lehrerin eine besondere und enge Verbindung zu jungen Menschen aufgebaut hat. So förderte Irmtraut Neubert die sozialen Interessen ihrer Schülerinnen und Schülerinnen, aber auch der Schulgemeinschaft. Ab Mitte der 80er-Jahre bis zu ihrer Pensionierung im Jahr 2000 engagierte sie sich im Sozialen Arbeitskreis des Gymnasiums. Schülerinnen und Schüler der Unter- und Mittelstufe trafen sich hier einmal in der Woche, um neben dem Lebensraum Schule auch die Welt mit ihren sozialen Brennpunkten kennen zu lernen. Hierzu wurden Projekte durchgeführt, wie beispielsweise Sandwichverkauf in der Pause für ein Straßenkinderprojekt, die Vorbereitung einer Nikolausfeier für Flüchtlingskinder, die Gestaltung von bunten Nachmittagen im Altenheim oder auch Ausflüge zum Beispiel in das Jugendgefängnis Ebrach. „Ihre Arbeit hat Früchte getragen. Einige Ihrer Schülerinnen und Schüler haben ihr soziales Engagement beibehalten und sogar einen sozialen Beruf gewählt“, freut sich der Landrat.

Über den sozialen Arbeitskreis der Schule habe sich ein weiteres ehrenamtliches Engagement entwickelt – beim Freundeskreis Asyl in Haßfurt, der zur Unterstützung der Betreuungs- und Beratungsarbeit der Caritas für Flüchtlinge eingerichtet wurde. Als Gründungsmitglied und Sprecherin des Freundeskreises sei Irmtraut Neubert seit Jahrzehnten an führender Stelle tätig und habe sich besondere Verdienste in der Betreuung von Flüchtlingen, vor allem Flüchtlingsfamilien und deren Kinder erworben. In den großen Asylwellen in den 90-er Jahren – während des Balkan-Kriegs – als auch in den vergangenen Jahren sei die Haßfurterin an vorderster Stelle zu finden, wenn es galt Menschen in Not und nach der Flucht ein neues Leben zu bahnen. Dabei sei sie sowohl in der Organisation als auch in der konkreten Hilfestellung tätig. So habe sie sich in vielen Projekten engagiert (z. B. Sommerfest für Ausländer und Deutsche, Oster- und Nikolausfeier für Flüchtlingskinder in Zeil).

Gemeinsam mit vier weiteren Frauen habe Irmtraut Neubert außerdem begonnen, Deutschkurse für Flüchtlinge durchzuführen, die offiziell keinen Kurs besuchen konnten Bis heute führt sie in Zeil Deutschkurse durch, die gerade für Frauen aus unterschiedlichen Kulturen und Nationalitäten eine wichtige Einstiegshilfe für den Alltag in Deutschland sind.

„Not sehen und handeln“ – so lässt sich auch umschreiben, wie Irmtraut Neubert im Zuge des Agenda-Prozesses 21 die „Tafel“ in Haßfurt mitentwickelt und im neu gegründeten Trägerverein 2003 den Vorsitz übernommen hat – insgesamt 15 Jahre lang bis November 2018. „Sie haben den Laden der Tafel aus kleinen Anfängen mit aufgebaut und dafür gesorgt, dass sich die Einrichtung im sozialen Leben in Haßfurt etablieren konnte“, heißt es in der Laudatio.  Immer wieder sei sie dafür eingetreten, dass sich Verbesserungen für bedürftige Menschen ergeben haben und dass auch die Helfer der „Tafel“ ordentliche Verhältnisse vorfinden. Auch in schwierigen Situationen sei es ihr gelungen, Lösungen herbeizuführen.

Als bemerkenswert bezeichnete es Landrat Wilhelm Schneider, dass sich Irmtraut Neubert neben ihrer Tätigkeit als Vorsitzenden des Trägervereins auch die Zeit genommen habe, an zwei Tagen an vorderster Front im Laden tatkräftig mit anzupacken. Mit viel Herzblut und Engagement habe sie sich um die Abholung, das Sortieren, Lagern, Kontrollieren und Packen der Waren bis zur Ausgabe an Bedürftige gekümmert. „Da steckt ganz viel Organisation dahinter – was für eine Leistung“, lobt der Kreischef. Auch heute noch sei die Geehrte als Beisitzerin in der „Tafel“ aktiv und hilft regelmäßig bei der Ausgabe mit.

Doch das ist noch längst nicht alles: Seit vielen Jahrzehnten engagiert sich die 84-Jährige auch in der evangelischen Kirche – im Kindergottesdienstteam und  im Frauenkreis. Des Weiteren arbeitet sie seit 1990 im Dekanatsfrauenteam mit und war von 1992 bis 2001 Dekanatsfrauenbeauftragte für da Dekanat Rügheim. Ihr Aufgabengebiet umfasste die Weitergabe von Informationen sowie die Förderung, Beratung und Unterstützung der ehrenamtlichen Arbeit von Frauen in der Gemeinde. Ein besonderes Anliegen sei es immer gewesen, den ehrenamtlich tätigen Frauen in der Kirche eine Stimme zu geben und sie zu unterstützen. Als Mitglied im Dekanatsfrauenteam ist sie Bindeglied zwischen den ehrenamtlichen Frauen im kirchlichen Bereich und der Kirchengemeinde. Sie hilft auch bei der Organisation und Planung der zwei festen großen Veranstaltungen im Jahr, dem Dekanatsfrauentag und dem Dekanatsfrauengottesdienst mit.

Verantwortung habe Irmtraut Neubert auch von 2002 bis 2006 als Mitglied des Kirchenvorstandes für die Kirchengemeinde Haßfurt mitgetragen. Hier setzte sie sich insbesondere für die Integration von Spätaussiedlern und Ausländern ein und wirkte an verschiedenen Projekten ehrenamtlich mit. Zudem habe sie Besuchsdienste in Altenheimen und in den Haßberg-Kliniken übernommen.

Darüber hinaus habe Irmtraut Neubert einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Geschichte der jüdischen Einwohner im Landkreis Haßberge geleistet, indem sie die Arbeit von Cordula Kappner unterstützte.

Landrat Wilhelm Schneider bedankte sich ganz herzlich bei Irmtraut Neubert für ihren großartigen und vielfältigen Einsatz im sozialen Bereich und zeichnete sie mit dem Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten aus. „Sie sind eine überzeugende Streiterin für soziale Gerechtigkeit, die sich mit ganzer Kraft für das Wohl von Schwachen in unserer Gesellschaft einsetzt“.  Der Landrat war stolz darauf, eine solch engagierte Bürgerin in seinem Landkreis zu haben und hofft auf möglichst zahlreiche Nachahmer.

Zu dieser hohen Ehrung gratulierten auch Landtagsabgeordneter Steffen Vogel, Bürgermeister Günther Werner, Pfarrer Gerhard Barfuß und Ute Ulbrich, Vorsitzende der Tafel.