DenkOrt Deportation

Das Foto zeigt von links Bürgermeister Stefan Rottmann, den Präsidenten des Zentralrats der Jugend in Deutschland Dr. Josef Schuster, Gemeinderat Alexander Geyer und 2. Bürgermeister Jürgen Geist. (Foto Simon Müller)

Gepäckrolle symbolisiert die letzte Reise vieler Schonunger Juden. Gedenken am DenkOrt Deportation in Würzburg.

Es ist eine beeindruckende und bewegende Gedenkstätte der „Denkort Deportation“ am Würzburger Hauptbahnhof. 109 individuell gestaltete Gepäckstücke symbolisieren die letzte Reise vieler Jüdinnen und Juden aus vielen Gemeinden und Städten Unterfrankens – auch in Schonungen gab es eine jüdische Gemeinde, wie Bürgermeister Stefan Rottmann erklärt.

In einem würdigen Rahmen wurden weitere Gepäckstücke ergänzt: Unter anderem aus Schonungen (Landkreis Schweinfurt). Auch der Präsident des Zentralrats der Juden, Dr. Josef Schuster, war gekommen und richtete seinen Dank an die Kommunen, die ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus und gegen das Vergessen setzen. Unter den Gästen waren auch Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Abgeordnete aus der Region.

Für Schonungen war es ein denkwürdiger Moment. Es ist noch gar nicht lange her, als Naftali Fürst, einer der letzten Holocaust-Überlebenden Schonungen besuchte. „Es war für mich einfach nur bewegend und erschütternd, was dieser Mensch alles durchmachen musste, welche Unmenschlichkeit und Grausamkeiten ihm widerfahren sind. Naftali Fürst aus Haifa (Israel), heute 92 Jahre, hat seinen Frieden mit Deutschland geschlossen.

Im November 1944 wurde er auf einen „Todesmarsch“ nach Buchenwald geschickt. Dort traf er am 23. Januar 1945 ein. Er erhielt die Häftlingsnummer 120041 und lebte im sogenannten Kinderblock 66 zusammen mit Hunderten anderen Kindern und Jugendlichen.

Wie es ist, von jetzt auf sofort deportiert zu werden und damit alles zu verlieren was man hat. Wenn Vater, Mutter und Bruder misshandelt und in verschiedene Konzentrationslager verschleppt werden, ohne jedes Lebenszeichen. Wie man es aushält jahrelang mit anderen Häftlingen eingesperrt und zusammengepfercht zu sein, oft ohne Trinken und Essen, ohne medizinische Versorgung. Wie man sich behelfen muss, wenn es an Banalem wie Zahnbürste, Toilettenpapier und Kleidung fehlt.

Was ein Mensch auszuhalten vermag, wenn er permanent schikaniert, beleidigt und erniedrigt wird. Wie man den Lebensmut nicht verliert, obwohl es doch eigentlich keine Hoffnung mehr gibt, weil unschuldige Menschen wie am Fließband hingerichtet oder sich KZ-Häftlinge aus purer Verzweiflung selbst das Leben nehmen. Wie es ist, wenn der Tod jeden Tag aufs Neue an der Türe klopft und es kein Entkommen gibt – das alles beschrieb Naftali Fürst in Schonungen bei seinem Besuch.

Foto Simon Müller

Es sind Schicksale wie Naftali Fürst, die diese Koffer- und Gepäckstücke symbolisieren. Eine Gepäckrolle aufgestellt am Würzburger Hauptbahnhof steht für das Leiden der jüdischen deportierten Mitbürger aus Schonungen. Wie Bürgermeister Stefan Rottmann ankündigt, wird im Herbst das Gegenstück in Schonungen am Bahnhaltepunkt aufgestellt. Die eindrucksvollen Gepäckstücke sind von Auszubildenden geschaffen worden, die das Handwerk des Drechseln erlernen.