Bauen im Bestand

Bauen im Bestand
Bauen im Bestand in Haßfurt. Foto: Green Trust

Was bedeutet das für Städte und Randgebiete?

Zunächst klären wir erstmal die Begrifflichkeit „Bauen im Bestand“. Was kann man als Laie darunter verstehen? Ganz einfache Synonyme wären beispielsweise: Umbauten, Modernisierung, Renovierung, Altbausanierung… etc.
In Städten sind Flächen für Neubauten meist eine Seltenheit oder nur gering vorhanden. Daher gilt es bereits vorhandene Bausubstanz neu zu gestalten, um die räumliche Qualität der Wohnungen zu erhöhen und den aktuellen Ansprüchen der Kunden gerecht zu werden.
Am aktuellen Beispiel des Bauprojekts „Stadtgalerie“ der Firma Green Trust lässt sich dieses Thema ganz einfach erklären.

Wir haben Marco Strätz, den Geschäftsführer der Green Trust, getroffen und ihn zu diesem wichtigen Thema befragt.

Weshalb sollten Bestandshäuser umgebaut und nicht einfach abgerissen werden? Und wann ist ein Abriss unumgänglich?

Marco Strätz: Bestandshäuser sollten, wenn möglich, immer erhalten bleiben. Zumal die Produktionsenergie z.B. bei der Herstellung von Baumaterialien bereits verbraucht wurde. Dieses CO2 würden wir uns bei einer weiterführenden Nutzung des Gebäudes bereits sparen und somit wäre Bauen im Bestand oder eine Umnutzung/Modernisierung auch ein nachhaltiges Bauen. Wenn sich ein Gebäude in die Anordnung einer Stadt einfügt, ist es ein weiterer Vorteil das bestehende Gebäude nur umzubauen, denn dadurch kann das Gesamtbild einer Stadt erhalten bleiben. Was zusammengehört, wird nicht auseinandergerissen und bleibt im Ensemble. Dem Gebäude wird lediglich eine neue Innere Nutzung zugeführt.
Ein Abriss ist dann unumgänglich, wenn die Grundrissstruktur innerhalb des Objekts keine Planung eines modernen Standards zulässt. Beispielsweise wenn keine ausreichende Belichtung aufgrund fehlender Fensterfassaden gewährleistet werden kann. Sollte sich die Renovierung/Sanierung des Gebäudes, aufgrund des hohen Alters, wirtschaftlich nicht mehr lohnen oder ein Schädlingsbefall hat bereits große Bestände des Hauses in Mitleidenschaft gezogen, dann ist ein Abriss unvermeidbar.

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Was bedeutet „Bauen im Bestand“ für Städte und die ländliche Gegend?

Marco Strätz: Bauen im Bestand bedeutet im weitesten Sinne die Nutzung von vorhandenen Gebäuden und Strukturen durch eine Neukonzipierung der bereits vorhandenen Grundfläche.
Im städtischen Bereich bedeutet es beispielsweise, dass die Mischform aus Gewerbe und Wohnen zu einem reinen Wohngebiet ausgewiesen wird. Hier bedeutet „Bauen im Bestand“ nun, die Büro- und Gewerbeflächen umzunutzen und so neuen Wohnraum zu schaffen.
Ganz im Allgemeinen kann man festhalten, dass es eine Nachverdichtung der Stadt- und Ortskerne bedeutet. Gerade in städtischen Gebieten ist eine Nachverdichtung äußerst sinnvoll, besonders aus ökologischer Sicht, da die Fortbewegung hier oftmals zu Fuß oder mit dem Fahrrad erfolgt und dies eine CO2-neutrale Fortbewegung bedeutet. Das Ziel ist: Mehr Lebensraum auf gleicher Fläche.
Auf ländlichen Gegenden ist das Thema Nachverdichtung mit Zwiespalt zu sehen. Immer mehr Landwirtschaftsflächen bzw. Nutzflächen werden als Bebauungsgebiete ausgewiesen. Jedoch bedeutet eine höhere Bevölkerungszahl auch einen erhöhten landwirtschaftlichen Bedarf, da auch die Versorgung gedeckt sein muss.

Was ist die größte Herausforderung beim Umbau eines bestehenden Objekts?

Marco Strätz: Die größte Herausforderung stellt die akribische Vorarbeit dar. Eine neutrale Begutachtung des Objekts, ganz ohne Emotionen, mit Unterstützung durch entsprechende Fachkundige, wie einem Architekten (mit Erfahrung in diesem Bereich), einem Statiker, einem Schadstoffgutachter, einem Energetiker und versierten Handwerkern mit Fachkenntnissen im Bereich Umbau/Modernisierung. Nur so lässt sich zum Großteil ausschließen, dass man im Nachhinein negative Überraschungen hat, in Form von Schäden oder Mehrkosten jeglicher Art. Beim Erwerb eines Umbauobjekts sollten zudem bereits im Vorfeld mit dem Veräußerer Bauteilöffnungen vereinbart werden, um auch mal unter die Haube des Gebäudes zu sehen. Oftmals sind hier bereits kleine Schadensbilder erkennbar oder man bemerkt erhebliche Schäden in der Struktur im darunterliegenden Aufbau. Nur so kann die umfassende Entwicklung eines belastbaren Konzepts entwickelt werden, dass einer späteren Nutzung schon sehr nahe kommt.

Wie sind Sie darauf gekommen, sich dem Projekt „Stadtgalerie“ anzunehmen?

Marco Strätz: Die Mischung aus Alt- und Neubau ist in diesem Bereich sehr interessant. Man kann in dem Hauptstraßenensemble dieses jahrhundertelang eingepflegte Gebäude erhalten, sanieren und in neuem Glanz erstrahlen lassen. Außerdem haben wir die Möglichkeit über den Neubau eine moderne Nutzung eines denkmalgeschützten Objekts zu ermöglichen. Große Teile des Bereichs sind dank eines Aufzugs im Neubau sogar barrierefrei!
Das ursprüngliche Gebäude steht seit 1593 und es wäre natürlich sehr schade, ein solches Gebäude nicht zu erhalten.
Das komplette Projekt liegt im innerstädtischen Bereich und bietet alle bereits genannten Vorteile eines Stadtkerns. Im rückgesetzten Bereich, zur Häckergasse hin, stand eine alte KfZ-Werkstatt, die bereits abgerissen wurde und durch den Neubau ersetzt wird. Hier sind wir derzeit in der Prüfungsphase und werden diese bald abgeschlossen haben.

Planen Sie zukünftig weitere Projekte in Innenstädten?

Marco Strätz: Natürlich müssen wir uns als Projektentwickler den derzeitigen Aufgaben im Immobilien-Entwicklungsbereich stellen. Die Nachverdichtung ist hier auch Aufgabe der Privatwirtschaft und wird von dieser auch betrieben. Leere Bauplätze im Innenstadtbereich von Mittelzentren oder größeren Städten sind im Grunde fast nicht mehr vorhanden, sodass der Bedarf und die Nachfrage hier nur über „Bauen im Bestand“ gedeckt werden kann. Natürlich sind wir auch weiterhin stetig wachsam und auf der Suche nach neuen Objekten um weitere Projekte vorantreiben zu können.

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