Ausprobieren, ob Pflege zu Hause funktioniert

Klappe für das PÜZ: Das PflegeÜbungsZentrum PÜZ im Landkreis Rhön-Grabfeld ist ein Pilotprojekt für ganz Deutschland. In entspannter Atmosphäre entscheiden Pflege-bedürftige und Angehörige beim Probewohnen, wie sie ihre Pflegesituation sinnvoll und lebenswert gestalten können. Wie das Konzept funktioniert, ist nun in einem Videoclip zu sehen. Foto: Laurenz Weipert

Die zunächst niederschmetternde Nachricht kommt meist im Krankenhaus: Ein Familienmitglied wird pflegebedürftig. Ein Schock für die Angehörigen. Denn es steht die Frage im Raum, wie und wo die ambulante Versorgung erfolgen kann.

Für genau diese Situation gibt es das PflegeÜbungsZentrum Rhön-Grabfeld PÜZ. Ein mehrfach ausgezeichnetes und gefördertes Pilotprojekt für ganz Deutschland, das von Pflegefachkräften aus deren langjähriger Erfahrung entwickelt wurde. Das Konzept: Probewohnen im „PÜZ“, unter Anleitung und Schulung ausprobieren, ob und wie Pflege daheim funktionieren kann. Ein neues Video zeigt in aller Kürze Funktionsweise und Vorteile der außergewöhnlichen Einrichtung auf.

Zeit gewinnen

„Das Wichtigste ist es, in einer neuen Pflegesituation Ruhe zu bewahren und die richtige Entscheidung für die künftige Lebensgestaltung zu treffen“, betont Ulli Feder, Pflegedienstleiterin der Caritas-Sozialstation und Tagespflege in Mellrichstadt. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Johanna Dietz hat sie das Konzept des PÜZ entwickelt. In direkter Nachbarschaft zu den Caritas-Einrichtungen im unterfränkischen Mellrichstadt befindet sich der moderne Neubau mit zwei komfortablen Appartements und einem gemütlichen Gemeinschaftsraum mit Küche.

Fit werden für die Pflegesituation zu Hause

Hier können Pflegebedürftige alleine, mit ihrem Partner oder mit Angehörigen für bis zu drei Wochen probewohnen. Das engagierte Team von Pflegefachkräften steht dabei beratend zur Seite, informiert über notwendige Pflegehilfsmittel und schult die Beteiligten individuell und gezielt für die Pflegesituation zu Hause.

Die pflegerische Versorgung ist durch die benachbarte Sozialstation gewährleistet. Die Kosten für die pflegerische Versorgung und Betreuung können teilweise von der Pflegeversicherung oder den Krankenkassen übernommen werden. Ob dies möglich ist, wird individuell geklärt. Die Kosten der Unterbringung sind als Eigenanteil aufzubringen.

Barrieren aufzeigen

Die Wohnungen sind behindertengerecht, doch mit künstlichen Barrieren wie z. B. einer Türverkleinerung, wird die Situation zu Hause simuliert. So merken die Gäste schnell, ob z. B. der Rollstuhl durch die Tür passt, ob der Zugang zur Dusche möglich ist und ob z. B. in der Küche einfache Handgriffe noch selbst möglich sind.

Richtige Wohnform finden

Gemeinsam mit den Fachkräften wird dann erörtert, ob sich das Zuhause behindertengerecht gestalten lässt, ob die Dienste einer Sozialstation entlastend wirken können oder ob doch ein Platz im Pflegeheim bzw. eine teilstationäre Wohnform die richtige Wahl ist. Bei Fragen der Finanzierung und Antragstellungen steht das PÜZ-Team beratend zur Seite.

Perspektiven entwickeln

Sogar ein rollstuhlgerechter, umgebauter VW Caddy steht für Transporte zur Verfügung und dient ebenfalls als praktisches Beispiel, wie und ob Pflege zu Hause funktionieren kann. Das Unterstützungsangebot des PÜZ-Teams hört nach drei Wochen nicht auf: Bei Bedarf ist auch die Nachsorge bei den Familien zu Hause möglich.

Modell für ganz Deutschland

„Im Lauf der Zeit entsteht meist schon im PÜZ die Perspektive für eine lebenswerte Zukunft, sowohl für die Patienten als auch für die Pflegenden“, weiß Ulli Feder aus der Erfahrung der letzten drei Jahre. Im Jahr 2019 wurde das PÜZ in Betrieb genommen. Seitdem erfährt es großen Zuspruch. Bewusst ist die Einrichtung so konzipiert, dass auch andere Landkreise und Regionen das Pflegeübungs-Modell übernehmen und so flächendeckend neue Maßstäbe für moderne Unterstützungsformen bieten können.

Info: www.pflege-übungs-zentrum.de